Interface-Geschichten
Workshop, Universität Paderborn, 24.-25.05.2018, Institut für Medienwissenschaften, Raum E2.339
Eine Kooperation der AG Interfaces und AG Mediengeschichte der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM)
Organisiert von: Monique Miggelbrink, Timo Kaerlein, Christian Köhler
Anknüpfend an die häufig beobachtete Verschränkung von Medien und Geschichte (Crivellari u.a. 2004) scheinen Interfaces und Geschichte in doppelter Weise aufeinander bezogen zu sein: Zum einen sind Interfaces historische Objekte, zum anderen ermöglichen und regulieren sie selbst unterschiedliche Zugänge zur Geschichte Der Workshop möchte diese beiden Dimensionen ausloten und bringt damit die Interessen der AG Interfaces und der AG Mediengeschichte zusammen. An der Schnittstelle zwischen beiden AGs geht es darum, nach Perspektiven und Verfahren zu fragen, um Interfaces als Ergebnis von und als Zugriff auf Geschichte zu beschreiben.
In einem ersten Block wird sich der Workshop der Historizität von Interfaces widmen. Die gängigen Definitionen, die ein prozessuales Verständnis von Interfaces nahelegen (Drucker 2011, Galloway 2012, Hookway 2014 u.a.), weisen darauf hin, dass die besondere Zeitlichkeit von Interfaces ihren prekären Status als Forschungsobjekt ausmacht. Interfaces sind als Arrangements aus konventionalisierten Praktiken, Hardware und Software ein ephemerer Gegenstand: Wie lässt sich also methodisch und epistemologisch sicherstellen, dass intersubjektiv nachvollziehbar bleibt, worüber man spricht? In diesem Zusammenhang sollen vor allem Fragen der Archivierung und Dokumentierung von Interfaces aufgeworfen werden, die auch Felder wie die Software Studies beschäftigen. Außerdem denkbar sind genealogische Ansätze (z. B. Hadler/Irrgang 2015), die sich mit der Ausdifferenzierung von Interface-Paradigmen beschäftigen. Darüber hinaus können hier allgemein Fragen adressiert werden, die die Temporalität von Interfaces betreffen, beispielsweise anhand von Phänomenen wie dem Obsoletwerden von Interfaces im Gebrauch oder der Antizipation zukünftiger Interfaces in Werbeästhetik und Science Fiction.
Aus der entgegengesetzten Perspektive stellt sich aber auch die Frage nach den Interfaces der Geschichte. Dem Archiv als Ort, der die logistisch-materielle Bedingung für Geschichte bildet, und den sich in ihm vollziehenden epistemischen Praktiken ist im Rahmen des archival turns etwa seit der Jahrtausendwende zunehmend Aufmerksamkeit entgegengebracht worden (Ernst 2002, Müller 2004, Steedman 2002 u.a.). Der Workshop schließt an diese Positionen an und erweitert sie um die bislang vernachlässigte Frage nach der Rolle, die Interfaces im Zugriff auf Geschichte spielen. Wie prägen Interfaces aufgrund der im Designprozess getroffenen, aber im Vollzug unsichtbar gewordenen Vorentscheidungen Zugänge zur Geschichte? Zu denken wäre hier auch an die Effekte, die gelingende oder scheiternde Interoperabilität zwischen Datenbanken und Systemen zeitigen können. Von solchen Interfaces und ihren Funktionsweisen hängt unmittelbar die Find- und Erreichbarkeit historischen Materials ab. Jenseits klassischer Archive können auch neue Interfaces ein Thema des Workshops sein, die im Rahmen einer allgemeinen Erinnerungs- und Geschichtskultur entwickelt werden. Ein Beispiel sind Augmented Reality-Anwendungen, die mit Hilfe lokativer mobiler Medien neue Verhältnisse zwischen Nutzer_innen, Orten und deren Geschichte stiften, ein weiteres Beispiel der Einsatz (und die Theoretisierung) von Interfaces in der Museumspädagogik. Denkbar ist überdies, die Rolle von Interfaces im Kontext von Digital Humanities und Geschichtswissenschaft zu reflektieren.
Programm
Do, 24.05.2018
13:45 Uhr: Begrüßung
14:00 Uhr
Jan Distelmeyer: File Transfer. Vom Verschwinden der Datei und ihrer Wiederkehr
15:00 Uhr
Timo Schemer-Reinhard: Spiel/Experiment/Interface. Zur doppelten Funktion des Spiels als Experimentalraum in der HCI-Geschichte
16:30 Uhr
Anna Wiehl: „Digging deeper and deeper“: Remediatisierung journalistischer Archive am Beispiel der web-documentary A Short History of the Highrise
17:30 Uhr
Christoph Borbach: The Sound of Navigation. Akustische Interfaces in der maritimen Wegfindung, 1900-1925
Fr, 25.05.2018
9:30 Uhr
Christian Köhler: „We have to be there“. Affektive Milieus in virtuellen Erinnerungskulturen
10:30 Uhr
Christoph Ernst: Zeitschichten und User Experience – Augmented Reality-Interfaces und die optisch-historische Interaktionssituation
11:45 Uhr
Jens Crueger: User Interfaces als ein unlösbares Problem der Webarchivierung?